Von einem Extrem ins andere…
Die Trauben sind gesund, die Anlagen in einem guten Zustand - zu diesem Ergebnis kommt Franziska Zobel, Hauptrebschutzwärtin der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut. Aber, nach dem der Jahrgang 2024 mit nur etwa einem Viertel der sonst üblichen Menge zu Buche schlug, hängen diesmal – wenige Woche vor Lesestart – die Rebstöcke übervoll. Demnach rechnet die Genossenschaft mit etwa 3 bis 3.5 Millionen Liter, nach einer Erntemenge im Vorjahr von nur 600.000 Litern. „Wir wechseln da von einem Extrem ins andere. Das verlangt von den Winzern eine enorme Flexibilität.“
Denn, was sich zunächst als gute Nachricht liest, ist es aber nicht. Bei Erträgen von weit über 100 hl/ha gehen die Mostgewichte derart in den Keller, dass Qualitätsweine nicht zu erzeugen sind. Die Gefahr besteht bei den frühen Sorten wie Müller-Thurgau oder Bacchus. Der Gesetzgeber hat jedoch eine Obergrenze von 90 hl/ha festgeschrieben. Die gelten in der Genossenschaft doch nur für einige wenige Rebsorten wie Dornfelder, darüber hinaus hat sich die Winzervereinigung Freyburg-Unstrut engere Grenzen gesetzt, um ihre Marktfähigkeit zu bewahren. Die liegen mit durchschnittlich 75 hl/ha deutlich über den Mindestanforderungen für Qualitätsweine. Denn nur mit solchen hochwertigen Produkten lassen sich Preise erzielen, die die Zukunft der Genossenschaft und ihrer Mitglieder sichert.
Viele Winzer hätten bereits aktiv drohenden Überproduktion entgegengewirkt. Vor allem mit „Grünschnitt“, also dem vorzeitige Abschneiden überzähliger Trauben. Das sei eine der wirksamsten Methoden, damit sich die dann am Stock verbleibenden Beeren besser entwickeln können, ablesbar in höheren Mostgewichten. Bei den letzten Jahrgängen war das weniger nötig, für 2025er ist ein konsequentes Eingreifen jedoch zwingend, auch wenn es schwerfällt, weiß Franziska Zobel.
Das zeigte sich auch auf der Anlage von Laura Weber und Fabrice Pierard in der Lage Steigraer Hahnenberge. Hier wachsen auf 1. 700 Quadratmetern vorwiegend Silvanerreben sowie etwas Portugieser und Dornfelder. Das junge Paar hat erst vor zwei Jahren diesen Weinberg gekauft und bewirtschaftet ihn gemeinsam. Offenbar mit großem Engagement, denn die Boniturkommission zeigte sich zufrieden.
Die Hauptrebschutzwärtin rechnet damit, dass rund um das dem Winzerfest in Freyburg (Unstrut) am zweiten Septemberwocheende die Lese bei der Winzergenossenschaft starten wird.
Seit genau 20 Jahre werden alljährlich kurz vor Lesebeginn die Weinberge der Mitgliedswinzer durch Boniturkommissionen begutachtet. Das sind etwa 380 Hektar in den beiden Bundesländern Sachsen-Anhalt und Thüringen. Dazu wird der Zustand der Weinberge beurteilt, die Art der Bodenbearbeitung bewertet und die zu erwartenden Qualitäten und Quantitäten eingeschätzt. Anhand dieser Ergebnisse werden die differenzierten Lesepläne aufgestellt. Zudem fließen die Boniturpunkte in die Traubengeldberechnung für die etwa 380 Mitglieder ein.